“Das Leben ist reicher als die Phantasie. Dieses Zitat von Andrej Tarkovskij drückt aus, was mich in meiner künstlerischen Praxis umtreibt. Beim Fotografieren ist die Umgebung, in der ich lebe und arbeite, eine niemals versiegende Inspirationsquelle. Im nahen Umfeld nehme ich Fährte auf und versuche im Herumstreifen bedeutungsvolle Abweichungen vertrauter Eindrücke von Dingen und Situationen zu lokalisieren und fotografisch aufzunehmen. Dabei geht es um den entscheidenden Moment des ästhetischen Erkennens.” (Brigitte Friedlos)
In ihrer Einzelausstellung zeigt Brigitte Friedlos eine fünfteilige fotografische Werkgruppe, die 2013 in Wollishofen entstanden ist. Die Aufnahmen zeigen ungewöhnliche Situationen: eine Waldlichtung mit Astleiter, ein bedecktes Motorrad mit markantem Ölfleck, ein Auto mit gespiegelter Sihlpapierhalle auf tiefschwarzer Karrosserieoberfläche, dicht vor ein Haus gewachsene Bäume, hingeworfener weisser Kies auf einem Vorplatz.
Der künstlerische Prozess ist mit in den Fokus gestellt. Es geht es um Intuition und Inspiration, um die Bedeutung von Wahrnehmung und Erfahrung, die mit einem bestimmen Ort verbunden sind. Die Künstlerin hat sich intensiv mit diesen Themen in ihrer Masterarbeit mit dem Titel “Fährten ästhetischer Erfahrung. Wie Wahrnehmung und Theorie in meine künstlische Praxis fliessen” an der Zürcher Hochschule der Künste beschäftigt. Die resultierende Publikation, in der Brigitte Friedlos kunstphilosophische Theorien von Dewey, Böhme und Bergson mit praktischen Beobachtungen, Visualisierungen und persönlichen Überlegungen aus ihrem Tagebuch kombiniert, ist in der Ausstellung einsehbar.
Zusätzlich hat Brigitte Friedlos auf dem ganzen Galerieboden eine Landkarte von Wollishofen ausgelegt, auf der die Orte markiert sind, an denen die fotografischen Arbeiten entstanden sind. An der Eröffnung plant die Künstlerin ein Treffen mit BewohnerInnen von Wollishofen, die die ungewöhnlichen Situationen auf den Aufnahmen kennen und aus ihrer Sicht berichten werden. So wird der soziale Aspekt der Arbeit sichtbar: eine Vernetzung zwischen der Künstlerin und MitbewohnerInnen im Quartier, ein Mapping eigener und fremder Wahrnehmung und Erinnerung, die anders nicht stattgefunden hätte.
Ausserdem sind in der Galerie die Originaltagebücher in einer kleinen Vitrine und vergrösserte Tagebuchblätter im Schaufenster der Galerie zu sehen. Das Publikum kann auf diese Weise einen weiteren Einblick in den künstlerischen Prozess gewinnen und gleichzeitig die Person Brigitte Friedlos näher kennenlernen.
Brigitte Friedlos
*1965 in Altendorf/SZ, lebt und arbeitet in Zürich-Wollishofen
Förderungen
2013 Werkbeitrag Kanton Schwyz
2006 Gartenhaus-Stipendium Bildwechsel in Hamburg
2003 Werkstipendium Kanton Schwyz im Zentralschweizer Atelier in New York
2001 Atelierstipendium Schweizer Jugendherberge und visarte.schweiz in Maloja
1998 Atelierstipendium des Kantons Graubünden im Kulturzentrum Scuol/Nairs
1997 Atelierstipendium Kanton Schwyz im Kunstraum Katzenstrick in Einsiedeln/SZ
Schulen
2012-2014 Zürcher Hochschule der Künste, Master of Arts
2011-2012 Pädagogische Hochschule Zürich
2000-2004 Universität Bern, Nachdiplomstudium Kunst und Gestaltung
1989-1993 Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich
1989-1990 Universität Zürich, Kunstgeschichte
Sammlungen
2013 Kanton Schwyz
2010 Kunsthaus Zürich
2005 Kanton Schwyz
1997 Kanton Schwyz
www.likeyou.com/brigittefriedlos